Grundrechtsentzug
In den letzten Tagen sowie nach der Veröffentlichung unserer jüngsten Artikel erreichten uns mehrfach Hinweise per E-Mail, dass Artikel 18 des Grundgesetzes auch auf bestimmte Politiker der AfD angewendet werden solle.
Bereits in einem früheren Beitrag haben wir über die Voraussetzungen und die Anwendungsmöglichkeiten des Artikels 18 geschrieben. Dennoch möchten wir an dieser Stelle erneut auf die Notwendigkeit einer fundierten Aufklärung zu diesem Thema hinweisen.
Es ist uns bekannt, dass es bereits mindestens eine größere Petition gibt, die fordert, Artikel 18 auf Björn Höcke anzuwenden. Warum diese Forderung aus rechtlicher und praktischer Sicht problematisch ist, möchten wir im folgenden Beitrag näher erläutern. Dazu kommt die Tatsache, das es nicht zielführend ist, einem einzelnen Politiker die Grundrechte zu entziehen, die Partei macht trotzdem weiter wie bisher.
Der Artikel 18 des Grundgesetzes regelt den Verlust bestimmter Grundrechte, wenn jemand diese Rechte missbraucht, um gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu kämpfen.
Die Anwendung von Artikel 18 erscheint jedoch in der Praxis äußerst schwierig und wurde bisher nie durchgesetzt. Im Folgenden erläutere ich, warum das so ist und warum Artikel 18 in der aktuellen politischen Debatte nicht auf Personen wie Björn Höcke oder andere AfD-Politiker angewendet wird.
Hohe Hürden für die Anwendung von Artikel 18
Artikel 18 ist extrem restriktiv formuliert. Er besagt, dass jemand Grundrechte nur dann verlieren kann, wenn er sie “zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung” einsetzt. Das ist eine sehr weitreichende Behauptung, die genau geprüft und zweifelsfrei bewiesen werden muss.
Es reicht tatsächlich nicht aus, dass eine Person undemokratische oder extremistische Äußerungen macht – es muss ein systematischer und aktiver Missbrauch der Grundrechte (z. B. Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit) vorliegen.
Höhere Hürden als bei einem Parteiverbot nach Artikel 21 Abs. 2 GG
Die Hürden für die Anwendung von Artikel 18 sind in der Praxis noch höher als die ohnehin schon sehr anspruchsvollen Voraussetzungen für ein Parteiverbot nach Artikel 21 Abs. 2 GG.
Während ein Parteiverbot darauf abzielt, eine Partei zu verbieten, wenn sie aktiv darauf ausgerichtet ist, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, muss für Artikel 18 zusätzlich nachgewiesen werden, dass eine Einzelperson gezielt Grundrechte wie die Meinungsfreiheit missbraucht, um diesen Kampf zu führen.
1.: Parteiverbotsverfahren prüft die Partei als Ganzes, einschließlich ihrer Strukturen und wiederkehrenden Muster. Artikel 18 konzentriert sich hingegen auf das Verhalten einzelner Personen, was eine noch intensivere Beweisführung erfordert.
2.: Zudem wird die Anwendung von Artikel 18 als schwerwiegender Eingriff in die Rechte eines Einzelnen angesehen, der über die bloße Einschränkung der politischen Aktivitäten (wie bei einem Parteiverbot) hinausgeht.
Verfahren und Zuständigkeit
Über den Entzug der Grundrechte entscheidet ausschließlich das Bundesverfassungsgericht.
Das Verfahren muss von einer qualifizierten Institution eingeleitet werden, z. B. der Bundesregierung, einer Landesregierung oder einem Drittel der Mitglieder des Bundestages.
Solch ein Antrag ist äußerst komplex und erfordert umfangreiche Beweise.
Meinungsfreiheit und politische Debatte
In einer Demokratie wird ein sehr großer Schutzraum für die Meinungsfreiheit garantiert, auch wenn die geäußerten Meinungen kontrovers, radikal oder unangenehm sind.
Artikel 5 GG schützt ausdrücklich auch Meinungen, die als extrem angesehen werden könnten, solange sie nicht unmittelbar zu Gewalt oder klaren Angriffen auf die demokratische Grundordnung führen. Kritische oder provokative Äußerungen von Politikern fallen in der Regel unter diesen Schutz.
Gefahr eines Nebenschauplatzes bei parallelen Verfahren
Eine zusätzliche Schwierigkeit ergibt sich, wenn parallel zur Diskussion über ein Parteiverbot nach Artikel 21 Abs. 2 GG auch über die Anwendung von Artikel 18 auf Einzelpersonen derselben Partei nachgedacht wird. Dies ist gleich aus mehreren Gründen kontraproduktiv.
Ein Verfahren nach Artikel 18 schafft einen Nebenschauplatz, der von einem möglichen Parteiverbot ablenkt. Die juristische und öffentliche Aufmerksamkeit würde sich auf das Verhalten einzelner Personen richten, während das eigentliche Problem – die systematischen Strukturen und Zielsetzungen der Partei – aus dem Fokus geraten.
Es besteht die Gefahr, dass das Nebeneinander beider Verfahren das Hauptverfahren (das Parteiverbotsverfahren) verwischt oder verwässert, indem es die öffentliche und juristische Debatte zerstreut. Ein Parteiverbot hat deutlich umfassendere Konsequenzen für die politische Landschaft als der gezielte Entzug von Grundrechten einzelner Personen.
Die Beweisführung
Für eine Anwendung von Artikel 18 müsste klar bewiesen werden, dass eine Person bewusst und aktiv daran arbeitet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, und dabei Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit oder Versammlungsfreiheit instrumentalisiert.
Einzelne umstrittene Aussagen, wie sie von Björn Höcke gemacht wurden, reichen für sich genommen nicht aus, um diesen Nachweis zu erbringen.
Selbst wenn manche Äußerungen als extremistisch oder populistisch angesehen werden, ist dies noch kein ausreichender Beweis für den gezielten Kampf gegen die Demokratie.
Der Maßstab ist sehr hoch, da eine demokratische Gesellschaft auch mit extremistischen Meinungen umgehen können muss.
Politische Konsequenzen statt Grundrechtsentzug
Anstatt Artikel 18 anzuwenden, gibt es andere rechtliche und politische Wege, um gegen mögliche demokratiefeindliche Äußerungen oder Handlungen vorzugehen.
Verfassungsschutz:
Einzelpersonen oder Parteien können durch den Verfassungsschutz beobachtet werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden.
Partei-Verbotsverfahren:
Sollte eine Partei wie die AfD insgesamt gegen die demokratische Grundordnung arbeiten, könnte ein Verbotsverfahren nach Artikel 21 GG eingeleitet werden. Dies hat aber ebenfalls extrem hohe Hürden.
Widerspruch in der öffentlichen Debatte:
Kritische Auseinandersetzung mit den Positionen und Aussagen von Politikern bleibt das wichtigste Instrument in der Demokratie.
In Kurzform bedeutet das:
Die Anwendung von Artikel 18 Grundgesetz ist in der Praxis nahezu unmöglich, da die Hürden höher liegen als bei einem Parteiverbot nach Artikel 21 Abs. 2 GG.
Während ein Parteiverbot die systematischen Strukturen und Zielsetzungen einer Partei angreift, konzentriert sich Artikel 18 ausschließlich auf Einzelpersonen und erfordert den Nachweis eines aktiven und gezielten Missbrauchs von Grundrechten.
Zusätzlich birgt ein paralleles Verfahren nach Artikel 18 die Gefahr, einen Nebenschauplatz zu eröffnen, der ein mögliches Parteiverbotsverfahren verwässert.
Daher sollte der Fokus auf den bewährten Mitteln des demokratischen Rechtsstaats liegen, wie der Beobachtung durch den Verfassungsschutz, der öffentlichen Auseinandersetzung und, falls notwendig, einem Parteiverbotsverfahren.
Die Anwendung einer Petition, die sich auf den Art. 18 aus dem Grundgesetz stützt, ist damit realistisch betrachtet zwar sehr medienwirksam, bedeutet aber am Ende eine enorme Zeit und Ressourcenverschwendung, die zu keinem Ergebnis führt.
Unterstützt stattdessen ein Partei-Verbotsverfahren gegen die AfD, das könnt ihr mit einer einfachen Unterschrift unter unserer Petition erledigen.
Zur Petition gelangt ihr hier: https://www.change.org/AfD-Verbot-Jetzt
Anregungen, Hinweise oder Kritik, nehmen wir gerne über die Kontaktmöglichkeit auf unserer Webseite entgegen: https://afdexit.de
–Das Petitionsteam AfDexit–
Hinweis: Wir werden nicht staatlich gefördert, noch nehmen wir Spenden entgegen. Wir finanzieren uns auch nicht aus dem Verkauf von antifaschistischen Materialien, wir finanzieren uns selbst, um unabhängig zu bleiben.
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